Im zweiten Anlauf hat es Nicole Battefeld geschafft!
Wir haben eine neue Meisterin. Eine neue Baristameisterin. Sie heißt Nicole Battefeld, kommt aus Berlin, ist 29 Jahre alt, und ist das Schweizer Taschenmesser der Röststätte.
Während der Meisterschaft hat Sie eine Aura versprüht, die selbst mich dazu gebracht hat größtenteils den Mund zu halten. Ähnlich wie im letzten Jahr 🙂 Wie sich im Nachhinein herausgestellt hat: Pure Anspannung und pure Konzentration waren die Ursache. Da hab’ ich dann ja wohl noch mal Glück gehabt…
Sie hat sich eine Woche nach der Meisterschaft viel Zeit genommen und mir meine Fragen beantwortet. Fragen, die ich ihr gestellt habe damit Ihr sie alle ein bisschen kennen lernt.
Also: Here you go…
Nicole, du hast es nun im zweiten Anlauf geschafft den Titel zu holen. Wie hast du die 491 Tagen zwischen dem zweiten Platz in München 2016 und dem Sieg jetzt in Bremen genutzt?
Oh man wo soll ich da anfangen?
Kurz nach der Meisterschaft in München 2016 war da noch ganz viel Adrenalin. Und Tatendrang. Und dann hab’ ich ja leider erfahren, dass es 2017 gar keine Meisterschaft geben wird. Das war ein harter Schlag, da ich unbedingt im Training bleiben wollte. Es ist so wichtig nicht locker zu lassen, und diesen Wettbewerbs-Modus aufrecht zu halten.
Und somit hab ich erfahren, dass in Innsbruck jedes Jahr eine Tiroler Meisterschaft von Goran Huber veranstaltet wird. Mit den selben Regeln und sogar international besetzter Jury – Perfekt um mich für die deutsche Meisterschaft vorzubereiten.
Also fing ich im Mai mit der Planung an: Geschirr, Präsentation, was will ich erzählen, welcher Kaffee … Und als wir dann in Innsbruck waren kam der herbe Schlag: Regeln nicht richtig gelesen und massive overtime. Ich war am Boden zerstört.
Kann ich das eigentlich? Bin ich überhaupt gut genug?
Da war es da, das große Loch. Aber meine Chefs haben immer noch an mich geglaubt. Und sie haben es mir ermöglicht, mit Nora als Trainerin, mich intensiver als je zuvor vorzubereiten.
Ich habe so viel von dieser bitteren Erfahrung gelernt! Und dann hieß es: Üben üben üben. Texte schreiben, umschreiben, noch mal alles in die Tonne werfen und wieder neu schreiben.
Am 25.12. saß ich alleine im Laden, habe TDS gemessen und Performance geübt.
Es war unglaublich frustrierend, aber ich wollte es so sehr.
Jede freie Minute im Laden. Kein Urlaub. Tränen. Zweifel. Bis ich schließlich endlich mit mir und der Performance zufrieden war.“ So ungefähr eine Woche vor Bremen ?
Und wie fühlt sich das an? Ganz ehrlich-subjektiv? 🙂
Unwirklich. Ich meine, ich stehe seit der gewonnenen Meisterschaft wieder hier im Laden, und meine Gäste fragen ob ich wieder Urlaub hatte. Denn ich war ja nicht da.
Und wenn ich dann meinen Meisterschaftskaffee ausschenke, stolz wie Bolle, und dann nach Zucker und noch n bisschen Milch gefragt werde merke ich wieder: Ja Nicole, du machst hier eben auch nur Kaffee ?
Berlin, ick lieb dir wa! Bleibt man gut auf dem Boden.
Aber natürlich freuen einen die vielen Glückwünsche und das Feedback, dass ich wohl ’ne ganz gute Leistung abgeliefert habe. Ich freu mich riesig auf Amsterdam!!!
Du bist in der Röststätte Berlin als Barista und Rösterin. Wie lange bist du schon dort, und wie sieht dein Alltag aus?
In der Röststätte bin ich seit vier Jahren. Angefangen als Spülerin und an der Kasse. Wohlgemerkt habe ich zu dem Zeitpunkt bereits andere Kaffee-Läden gemanagt und konnte Kaffee machen. Aber ich weiß auch aus der Küche (ich bin gelernte Köchin), dass es immer besser ist wenn man sich hocharbeitet.
Denn jetzt stehe ich hier als Schweizer Taschenmesser der Röststätte. Ich weiß wo alles steht, kenne alle Artikel und Produkte, kann aber natürlich auch die anderen Sachen. Head-Barista, Rösterin, Trainerin und Messevertreterin für Victoria Arduino und die Röststätte.
Ach ja, und nebenbei diese Meisterschaften …
Es gibt also keinen Alltag. Ich habe auch keine festen Dienstpläne. Jeder Tag ist anders. Das macht es sauspannend.
Bist du echte Berlinerin, oder hat es dich mal dorthin verschlagen? Wenn ja, warum?
Gebürtig komme ich aus Görlitz. Noch weiter östlich geht’s gar nicht … Aber ich bin vor sieben Jahren nach Berlin gekommen, im Zuge meiner Ausbildung zur Köchin (die ich hier auch abgeschlossen habe).
Das letzte mal war ich vor drei Jahren in Görlitz und konnte mich seit dem nicht mehr überwinden noch einmal dorthin zu fahren.
Die politische Situation macht mich aggressiv.
„Berlin gehört mein Herz, meine Tränen, mein Schweiß, mein Lachen, mein Leben. Ich bin hier angekommen.“
Wie hast du das Training in den nicht vorhandenen Alltag gedrückt? Oder anders gefragt, wie hast du deine Tage so verlängert dass alles passt? Wenn ich an deinen Hund denke…
Meine Chefs sind mir sehr entgegen gekommen. Beim rösten konnte ich recherchieren und meine Texte schreiben. Nach meinen Schichten bin ich nach Hause gefahren, habe den Hund eingesackt und bin wieder zurück zum trainieren. Im Schnitt war ich von 7.00 bis 20.00 Uhr im Laden.
Wie sah dein Training im einzelnen aus? Hattest du ein Team, haben dich Freunde unterstützt (Hundesitter…?), hast du noch Zeit gehabt um ein „normales Leben zu führen“?
Naja … normales Leben? Das wird doch vollkommen überbewertet oder? Zu der Frage kann ich nur wieder auf meine tollen Chefs und Nora verweisen. Mein Mitbewohner hat mir ab und zu mit dem Hund geholfen, aber er war ja auch fast immer hier mit im Laden.
Wie sieht dein Training für die WBC aus? Viel Zeit bleibt ja nicht mehr…
Oh Gott … Danke für die Erinnerungsstütze! Sponsoren organisieren, Konzept ausarbeiten, Kaffee sourcen … Eine Maschine hab’ ich zum Glück hier. Wir sind ja deutscher Victoria Arduino Händler. Zwischendurch darf ich natürlich auch nicht vergessen, wieder ordentlich Panik zu schieben.
Du bist gelernte Köchin. Wie bist du dazu gekommen, dich auf den Kaffee zu spezialisieren? Wann war das, und wie hat alles begonnen?
Nach meinem Abi hab ich gleich in einer Espressobar gejobbt um mir meinen Führerschein zu finanzieren.
In dem Laden gab es illy Kaffee, und eine LaMarzocco GB5, war also nicht der schlechteste Start.
Allerdings ist „Barista“ jetzt eher nicht so der anerkannte Beruf in Deutschland. Also habe ich mich nach einem gescheiterten Studium (Gott war das öde) dazu entschlossen, Köchin zu werden. Ich wollte mehr über Geschmack und Technik lernen. Sehr sehr harte Schule, aber ich möchte es nicht mehr missen. Ich habe viel über Geschmack und alles gelernt, aber am meisten über Leistung.
Wie viel geht noch? Wie lange kann ich arbeiten? Wie viel schaffe ich? Was ist Stress? Was mache ich wenn mein Küchenchef anfängt Sachen nach mir zu schmeißen? Wann ist es besser mal die Klappe zu halten?
Der einzige Haken bei der ganzen Sache: Ich hab’ nur mit Freaks gearbeitet. Maschinen, die nur in Sterneküchen gearbeitet haben. Die waren alle krass und saugut.
Ich habe diesen narzisstischen Anspruch an mich selber, in dem was ich tue richtig gut, wenn nicht sogar die Beste zu sein.
Und das war ich in der Küche nicht. Nicht mehr nach 14 Stunden-Schichten. Aber im Bereich „Kaffee“ habe ich immer ein Talent gehabt.
Es hat mich nie losgelassen. Und das Wissen, dass ich als Köchin sammeln konnte, hat mich als Barista sehr weit nach vorne gebracht.
Wo bist du „zur Barista geworden“?
In der Röststätte. Hier kam alles zusammen.
Trinkst du noch Kaffee zu Hause, vor allem in der Trainings-Zeit? Oder kann man davon auch die Schnauze voll haben?
Zu Hause eher weniger. Ich gehe immer mit dem Hund meine Kaffeerunde in Friedrichshain und halte oft bei Happy Barista. Ansonsten trinke ich wahnsinnig viel wahnsinnig guten Kaffee auf der Arbeit.
Wenn ich nix anständiges bekomme, dann trinke ich auch nichts. Da bin ich strikt.
Was ist dein Lieblingskaffee/-Getränk?
Kommt auf die Situation an. Beim Gassi gehen gerne batch brew, im Sommer cold brew, bei Vollmond und Kerzenlicht gerne Espresso.
Wie ist eigentlich der gefühlte Stand der Latte-Art-Pour-in-Everything-Challenge?
Ich glaub Dane hat so sechs mal gewonnen. Wir haben in etwa 50 challenges gemacht ? Dane, you’re doing a good Job!!!!!
Er schwärmt immer noch von seinem Ruhm als er mich 3 Mal in Folge geschlagen hat.