Filterkaffee heisst jetzt „v60“?
Ein ganz klares Jein: Jeder v60 ist ein Filterkaffee, aber nicht jeder Filterkaffee ist ein v60.
Für viele ist Filterkaffee = Melitta, und kommt als bitteres Getränk aus einer der Thermoskannen auf Omas Küchentisch. Nun ist der historische Melittafilter in der Kaffeewelt mittlerweile durch das Modell „v60“ des japanischen Herstellers Hario abgelöst worden.
Die beiden Filter unterscheiden sich darin, dass beim Hario nicht wie beim Melittafilter nur ein paar kleine Löcher sind. Diese sorgen dafür dass das aufgeschüttete Wasser sehr langsam durch den Filter läuft und sich aufstaut. Das fördert natürlich eine Überextraktion, vor allem wenn das Wasser noch fast kochend aus dem Kessel kommt … Bittere Plörre vorprogrammiert (Tipp für alle „Omas & Opas“: Wartet mal 2-3 Minuten bevor ihr das gekochte Wasser in den Filter schüttet. Euer Magen und der eurer Gäste wird es danken!)
Der Hario hat eine große Öffnung, durch die der untere spitze Teil der Filtertüte hindurchguckt. So kann das Wasser nachdem es durch das Kaffeepulver geflossen ist direkt in die Kanne oder Tasse laufen. Zusätzlich sind am inneren Rand des Filters geschwungene Rillen angebracht, die den Wasserfluss ebenfalls noch positiv beeinflussen.
Und warum nun v60? Ganz einfach: Der Filter ist im 60° Winkel geformt. Kaufen könnt ihr den Filter* mit allem drum und dran übrigens bei www.coffeecircle.com* (hier habe ich auch vor zwei Jahren meinen Filter bestellt) oder bei amazon
v60 Filterkaffee step-by-step:
1. Ein „Kaffeerezept“ finden
Die Verhältnisse zwischen Kaffemenge, Wasser und der Brühzeit werden im allgemeinen als Kaffeerezept bezeichnet. Folgendes Verhältnis hat sich für aufgebrühten Kaffee im Filter gut bewährt: 60 g Kaffee auf 1000g Wasser, und das ganze in der Zeit von 2-3 Minuten aufbrühen.
Natürlich ist das nicht in Stein gemeißelt, und jeder hat da seine eigene Vorlieben. Die sind nicht nur abhängig vom eigenen Geschmack sondern auch vom Kaffee. Bohnen aus Südamerika anders als der die aus Afrika, und helle ganz anders als dunkle. Aber für den Start schlage ich konkret vor mit diesen Werten anzufangen:
15 Gramm Kaffee und 250 Gramm Wasser
Das ist für den v60 in der Standartgröße (Größe 02) sehr gut geeignet und man hat eine Tasse Kaffee. Von hier aus kann man sich bis zu „seinem“ Rezept durchprobieren.
2. frische Kaffeebohnen mahlen
Am besten eignet sich Kaffee aus einer Rösterei die auf die traditionelle und schonende Trommelröstung setzt und nur beste Bohnen-Qualität verwendet. Erwischt man eine Rösterei die den thirdwave Gedanken lebt, kann man nicht viel falsch machen. Ein paar Infos dazu und was dahintersteckt habe ich hier schon mal geschrieben.
Man kann nun entweder die Bohnen abwiegen und in die (Hand-)Mühle füllen, oder wer eine elektische Mühle mit Vorratsbehälter (Hopper) hat, der kann z.B. durch ermitteln und einstellen der Mahl-Zeit die richtige Menge dosieren. Die Waage sollte fein genug sein, so ziemlich jede Feinwaage ist hier geeignet. Bei Küchenwaagen muss man schon drauf achten, viele wiegen hier nur in 1-2g Schritten. Zu empfehlen sind hier die Waagen von Hario oder acaia die man direkt für beides nutzen kann.
Der Mahlgrad sollte mittelfein sein, in etwa so wie Salzkörner. Achtung: Will man zum Beispiel zwei Tassen oder mehr kochen, muss der Mahlgrad gröber sein um die Zeit der Extraktion gleich zu halten! Da ist try & error gefragt.
3. Filter durchspülen
Das spülen hat zwei Zwecke: Zum einen spült es produktionsbedingte Papierpartikel und Papieraroma aus dem Filter heraus, und wärmt den Filterhalter sowie die Kanne oder Tasse schon mal vor. Einfach ca 50-100 ml heisses Wasser durch den leeren Filter laufen lassen, und dann wegschütten.
4. Kaffee „bloomen“ lassen
Es wurde bereits diskutiert wie man das Wort bloomen am sinnvollsten übersetzen kann. Ein Mix aus aufblühen und aufquellen hat das Rennen gemacht.
Die Kanne bzw Tasse mit aufgesetztem und mit Kaffee gefüllten Filter wird auf eine Waage gesetzt. Diese hilft einem dabei, die vorher definierte Wassermeng einzuschütten.
Für das bloomen wird jetzt mit dem Start des Timers das Kaffeemehl im Filter mit ca 40g Wasser (90-94°C) kreisförmig aufgegossen. Ich vermische den Kaffee und das Wasser kurz mit einem kleinen Löffel, damit auch das Pulver ganz unten schon mit dem Wasser in Berührung kommt! Dann wird es für ca. 30 Sekunden in Ruhe gelassen.
5. Kaffee extrahieren
Nach den 30 Sekunden wird nun das restliche Wasser in den Filter gegossen. Auch hier gibt es verschiedene Methoden: Den kompletten Rest in einem, oder alles in mehreren Schritten.
Ich mache es für gewöhnlich nach der sog. Rao-Methode, und fülle das ganze Wasser langsam kreisend ein. Direkt im Anschluss gebe ich dem Wasser einen „swirl“ mit dem Löffel mit, was verhindert dass sich Pulver oben am Filterrand absetzt.
Je nach Mahlgut schwenke ich den gesamten Filter nach ca. 1:30 Minute kurz, falls sich an den Seitenwänden was abgesetzt hat.
Im besten Fall läuft das gesamte Wasser so in ca 2:30 – 3:00 min. durch das Pulver.
6. Filterkaffee genießen
Am besten schmeckt der Kaffee, wenn er noch mal kurz ein bisschen abkühlt. Dieses Getränk hat dann mit dem aus Omas Thermoskanne nicht mehr viel gemeinsam. Mein derzeitiger Favorit ist Kaffee aus der Region Yirgacheffe in Äthiopien*. Richtig gebrüht schmeckt er einfach nur fruchtig und fast schon erfrischend!
6a. Fehlersuche?
Jetzt kann es natürlich sein dass Ihr denkt „Was ist das denn? Das schmeckt viel zu stark, bitter, dünn, …!“
Man glaubt es erst nicht, aber sehr häufig reicht es schon aus, einer der folgenden Punkte anzupassen oder zu ändern, um einen schönen Filterkaffee zu brühen.
- Brühtemperatur (empfohlen 90-94°C)
- Mahlgrad (und somit Brühzeit)
- Dosierung bzw Rezept anpassen
Was habt ihr für Erfahrungen mit euren Filtern gemacht? Welches ist euer Rezept? Was ist euer Lieblingskaffee? Verratet sie mir und den Lesern in den Kommentaren!
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Dann bewege ich mich ja doch noch in einem guten Bereich, 500ml bei im Schnitt 3 Minuten peile ich an, Coffeecircle gibt 3-4 Minuten an, ich denke dass sind dann einfach je nach Sorte Erfahrungs- und orientierungswerte, wie du ja auch schreibst. Habe heute morgen den mahlgrat um 1 höher gestellt, hat nicht viel an der Zeit geändert, aber der Geschmack war ein Nů zu streng. Somit sind die 3,5 minuten perfekt bei Grat 16. Echt interessant, wie unterschiedlich jede Bohne doch ist und dass es jedesmal gilt, das richtige Verhältnis herauszufinden. Bei mir bewegt es sich jetzt je nach Bohne immer nur zwischen 3 mahlgraten +/-, klingt nicht viel aber es sind zt Welten. Vielen Dank und frohes Brühen!
Mahlgrat= Mahlgrad, sorry, T-9 😉
Hi Sinan,
Ich teste mich seit einigen Wochen in den Handfilter/v60 ein. Du schreibst eingangs, dass der Mahlgrat selbst bei 1000g Wasser so gehalten werden sollte, dass es innerhalb von 2:50 Minuten durch den Filter ist. Ich nutze eine Encore und mahle derzeit für 2 Tassen (500ml) 32 g Bohnen bei einem mittleren Mahlgrat (Encore Stufe 16). Je nach Eingießtechnik liegt der Durchlauf zwischen 3 und 4 Minuten, trotz gleichem Rezept. Wenn ich auf die empfohlenen 2:50 minuten möchte, müsste ich fast schon in den French-Press-Gratbereich. Besonders wenn ich daran denke, dass 1000g Wasser auch in der Zeit durchlaufen sollten.. ist hier tatsächlich die Durchlaufzeit der wichtigere Faktor und sollte immer in etwa gleich sein, sodass ich ausschließlich mit dem Mahlgrat steuere, auch wenn er bei größerer Wassermenge sehr grob sein würde?
Viele Grüße von Karl
Hi Karl,
ganz 100% lässt sich das nicht zwingend steuern, da hast du Recht. Ich passe den Mahlgrad an, da ich im Regelfall 300g/ml brühe, und wenn ich dann mal 600-800 brühe würde es einfach 5min+ dauern und das ist dann deutlich im Geschmack spürbar.
Die 600ml laufen bei mir ca 3-3.30 min durch, geschmacklich ist das aber alles im Rahmen.
Wie immer gilt hier: Probier es aus. Wenn du ein wenig gröber gehst, und du bei 3:45 Minuten einen wohl schmeckenden Kaffee bekommst, dann hast du alles richtig gemacht! Auch die Gießgeschwindigkeit und ob du in einem Schwung oder in Intervallen gießt wirkt sich ja aus. So mache ich bei größeren Mengen tatsächlich auch mehr Tempo da rein, um auch ein wenig Zeit zu „sparen“.
Allzu grob würde ich vom Gefühl her nicht gehen, aber um ehrlich zu sein habe ich es auch noch nie so unfassbar grob ausprobiert …
Lg Sinan
Mit wie vielen Klicks mahlst du mit der Comandante für 250 ml Kaffee?
Hi Tim!
Ich mahle für 250g Kaffee 15g Kaffeepulver und bin so zwischen 22-25 meistens. Hängt natürlich auch wie immer von den Faktoren Kaffeebohne, Mühle (1:1 lässt es sich selten übertragen, da die Verstellung ja sooo minimal ist) und natürlich auch dem Wasser abhängt!