Wann ist es Specialty Coffee?
In diesem Artikel möchte ich euch erklären, wieso es mehr braucht als ein stlyo-hipster Interieur und eine helle Röstung, um sich Specialty Coffee auf die Fahne zu schreiben.
Fangen wir also ganz vorne an:
Die Qualität der Bohnen.
Den Begriff Specialty Coffee findet man an immer mehr Ecken. Cafés, Röster, Shops, alle preisen den Kaffee mit dem recht jungen Attribut (zumindest so die Wahrnehmung) an. Im Bericht über die Third Wave habe ich einiges zur aktuellen Kaffeekultur geschrieben, und irgendwie gehört das auch alles zusammen.
Es gibt Qualitäts- und Güte-Merkmale, die einen Kaffee als Specialty Coffee qualifizieren.
Um es vorweg zu nehmen: Die Kaffees werden von qualifizierten Testern verkostet. Es gibt Punkte bis 100, und alle Kaffees mit mindestens 80 erreichten Punkten können als Specialty Coffee bezeichnet und verkauft werden. Soweit ein eigentlich recht simples System.
Was sind die Voraussetzungen?
Um überhaupt in eine Verkostung zu gelangen, muss die Bohne bereits einige Dinge erfüllen.
Sie muss ein Single Origin sein. D.h. der Kaffee muss aus einer bestimmten Region, und von nachvollziehbaren Farmern oder einem Zusammenschluss von Kaffee-Farmern (eine sog. Kooperative) stammen. Das geht soweit, dass einzelne Felder innerhalb einer Farm definiert, und vor allem unterschieden werden (können).
Der Hintergrund dieser regionalen Definierung ist der, dass die dort vorhandenen Umstände und Einflüsse sich direkt auf die Entwicklung der Kaffeepflanze auswirken. So zum Beispiel die Zusammensetzung des Bodens, die Temperatur oder die Sonne.
Ähnliches kennen wir schon lange vom Weinanbau: Hier entscheidet die Region mit über den Geschmack und die Qualität. Dies wird auch deutlich kommuniziert.
Die Philosophie hinter dem Begriff Spezialitätenkaffee ist Transparenz: Herkunft, Aufbereitung, Aromen, und teilweise sogar die Preisgestaltung von der Pflanze bis in die Tasse.
Die Kollegen von Quijote aus Hamburg gehen sehr offen damit um, und haben eine ausführliche Dokumentation online.
Gibt es einen Test-Standard?
Die Specialty Coffee Association (SCA) hat die Standards definiert, nach denen eine Qualitätsverkostung abzulaufen hat.
Daneben gibt es noch die Verkostung nach dem sog. Cup Of Excellence. Der Unterschied liegt an der Menge und der Gewichtung der getesteten Aspekte. Wir beschränken uns hier aber auf das SCA-Protokoll.
Wie wird nun getestet?
Long Story short: Es wird Kaffee aufgebrüht, probiert, und dann werden Punkte für verschiedene Eigenschaften vergeben.
Ähnlich wie bei einer Weinverkostung geht es hier um feinste Aromen und Eigenschaften. Daher hat dies mit trinken nicht viel gemein.
Das vorgegebene Prüfprotokoll ist ziemlich streng:
Der Kaffee muss vor 8-24 Stunden frisch geröstet worden sein, und auch die Röstfarbe, bzw. der Röstgrad ist vorgegeben. So stellt man sicher, dass immer gleiche Bedingungen herrschen, egal ob die Skandinavier rösten oder die Italiener.
Dann wird im Verhältnis 8,25g Kaffee zu 150g Wasser bei 93°C aufgebrüht. Meistens in sog. Cupping Bowls*.
Hierzu wird der Kaffee frisch gemahlen (etwas gröber als Filterkaffee), und dann ca. 4 Minuten ziehen gelassen.
Für jede Kaffeesorte sind mehrere Tassen bereitgestellt, damit man defekte Bohnen ausschließen kann. Daher werden die erforderlichen Bohnen auch für jede Tasse separat gemahlen.
… und wie sammeln die Kaffees ihre Punkte?
In einem Formular werden die Punkte für die einzelnen Aspekte notiert. Dies sind im Einzelnen:
- Duft / Aroma
- Geschmack
- Nachgeschmack
- Säure
- Körper
- Gleichgewicht
- Süße
- Reinheit
- Gleichmäßigkeit
- Gesamteindruck
Jeder dieser Punkte wird einzeln bewertet. Die Skala für Spezialitätenkaffee beginnt bei 6.0 und schreitet in 0.25 Schritten voran:
Gut entspricht 6,0 – 6,75 Punkte
Sehr Gut entspricht 7,0 – 7,75 Punkte
Ausgezeichnet entspricht 8,0 – 8,75 Punkte
Überragend entspricht 9,0 – 9,75 Punkte
Das genaue Vorgehen wird auf der Seite der Specialty Coffee Association im Detail erklärt.
Stehen am Ende 80 oder mehr Punkte auf dem Zettel, zählt der bewertete Kaffee zum Spezialitätenkaffee oder Specialty Coffee.
Punktzahl | Qualität |
---|---|
90-100 | Herausragend |
85-89,75 | Ausgezeichnet |
80-84,75 | sehr gut |
<80 | kein Spezialitätenkaffee |
Wo kaufe ich?
Nicht zu verwechseln mit Begriffen wie Edel, Fein, Gourmet … All das sind reine Marketingbegriffe und sind willkürlich ausgesucht. Warum? Ganz einfach: Weil es geht.
Es gibt mittlerweile eine große Auswahl an Spezialitätenkaffees, -Cafés und -Röstereien. Schlechte Erfahrung habe ich ehrlich gesagt bislang mit keinem Kaffee gehabt. Ausser dem persönlichem Geschmack, der vielleicht mal nicht ganz zugesprochen hat.
Meine erste Erfahrung habe ich mit den Bohnen von Coffee Circle aus Berlin gemacht. Auf www.coffeecircle.com* habe ich 2014 meinen ersten Spezialitätenkaffee gekauft, und seit dem bin ich dabei. Ich lege mich aber nicht fest, und kaufe dort ein, wonach mir gerade ist.
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