Der Grund, mehr Geld für Kaffee auszugeben.

Oder: Der Grund warum Spezialitätenkaffee zu Recht ein Vielfaches vom Kaffee aus dem Discounter kostet.

gaslight coffee Röstet im Trommelröster

Wenn das Gespräch unter Freuden und Bekannten auf das Thema Kaffee und seine Röstung driftet, dann kommt es nicht selten vor dass man erstaunte Blicke erntet. Darüber, wieso man für so eine Tüte mit weniger drin viel mehr zahlt als im Supermarkt. Was kann an den Kaffeebohnen so anders sein? Wo wir dann beim 1,99 EUR Aldi-Fleisch wären …

Von den einen erntet man Unverständnis nach der ersten Frage, wie teuer so eine Tüte von „meinem“ Kaffee ist. Die Anderen sind interessiert und möchten die Eigenschaften des höher preisigeren Kaffees tatsächlich wissen. Nun ja, dass so eine 250g Tüte das Doppelte vom „Pfund Supermarkt-Kaffee“ kostet, verlangt auf den ersten Blick natürlich Aufklärung.

Saft direkt vom Bauern kostet auch mehr als der Discounter-Saft. Zu Recht.

Dabei wird eigentlich klar, wie dieser Preis zustande kommt wenn man einen Blick auf die grundsätzliche Wertschöpfungskette des „Rohstoffs“ Kaffee wirft. Die Kollegen von greencup coffee haben es mal gut und grob aufgelistet, ich orientiere mich hier.

Der Preis für Kaffee, den die großen Röster bzw. Hersteller beziehen schwankt genau wie der Rohstoffpreis für Öl, Gold, und Rinderhälften. Kaffee ist hier reiner Rohstoff, und wird ebenso an der Börse gehandelt.

Kaffeepreise werden durch Angebot und Nachfrage an den Warenterminbörsen bestimmt. Der wichtigste Handelsplatz für Arabica-Bohnen ist die New York Board of Trade (ICE Futures U.S.). Die größte Börse für Robusta-Kaffee hat die NYSE Liffe in London. Die meisten in Deutschland gehandelten Derivate sind an den ICE-Kontrakt gekoppelt, der in US-Cent je US-Pfund notiert. An der Londoner Börse lautet die Notierung auf US-Dollar pro Tonne. (Quelle: boerse.de)

Rechnen wir mal grob die reine Rohstoff-Kette durch. Natürlich nicht Betriebs- und Volkswirtschaftlich genau, aber für einen Überblick reicht es allemal.

Rohstoffpreis: ca. 2,80 EUR / kg (Stand 06/2017)
+ Gebühr für Eingangsfracht Hafen Hamburg: 0,15 EUR (Quelle: greencup coffee)
+ 20% Einbrand (Kaffee verliert beim Rösten Gewicht): 0,56 EUR
+ Kaffeesteuer: 2,19 EUR
–> 5,67 EUR

Wir sehen: selbst ohne Kosten für Energie, Lager, Transport, Personal, Verpackung, Vertrieb etc ist der Preis pro Kilo bereits in Regionen, die es kleinen Röstereien schwer machen. Da lässt sich eben nur über die Menge verdienen, und die kann kein Kleinröster der Welt leisten.

Aber wo ist der Preisunterschied?

Die Rechnung oben bezieht sich auf den Kaffee als reinen Rohstoff.

Große Röster kaufen Tonnen von Kaffeebohnen ein, und dabei mischt sich so ziemlich alles. Kaffeebohnen aus dem Osten mit denen aus dem Westen, gute sowie schlechte.

Es ist wie beim Wein. Eine Rebsorte aus einer Region aus einem Jahr ist nicht zu vergleichen mit der gleichen Rebsorte aus einer anderen Region und gar aus einem anderen Jahr. Weinkenner und -Liebhaber wissen das. Um bei dem Vergleich zu bleiben wäre es so, dass alle Winzer die Trauben abliefern, und ein großer Hersteller mixt alles zusammen. Voila, die feine Milde ist geboren.

Die kleinen Röstereien die sich das Wort Spezialitätenkaffee auf die Fahne geschrieben haben. Das setzt schon ein ganz anderes einkaufen voraus.

Nicht pro Tonne an der Börse. Sondern entweder bei Importeuren die sich direkt mit den Bauern der einzelnen Regionen vernetzen, oder gar der Röster selbst hat Kontakte und fährt zur Abnahme und Bestellung in die Anbauländer.
So macht es zum Beispiel das Team von coffee circle aus Berlin.

Es werden individuelle Preise mit den Bauern verhandelt. Diese sind selbstverständlich gemessen an der Qualität und Güte der Bohnen. Es geht hier nicht um den reinen Preis pro Kilo oder pro Sack, sondern ein Qualitätscheck gemäß den SCA Vorgaben ist entscheidend. Denn nur so kann ein Kaffee auch zum specialty coffee werden!

Doch da ist mehr als die Kaffeebohne

Der Grund, mehr Geld für Kaffee auszugeben. 1

Da sich der Preis bekanntlich noch aus ganz anderen Dingen zusammensetzt, spielt die Produktion eine sehr große Rolle. Diese mächte ich einmal aus der qualitativen, und einmal aus der wirtschaftlichen Seite betrachten.

Röstung wirtschaftlich betrachtet

Es gibt zwei Arten der Röstung von Kaffeebohnen: Die traditionelle Trommelröstung, sowie die Heissluftröstung, auch Industrieröstung oder Turboröstung genannt.

Die traditionelle Trommelröstung ist in jeder Speezialitätenkaffee-Rösterei zu finden, die Heißluftröstung dagegen findet sich in den großen industriellen Röstereien bzw. Produktionsbetrieben wieder. (Info am Rande: Tchibo hat mit seinem Produkt Blonde Roast die Fühler ausgestreckt. Arne Preuß von coffeeness.de hat ihn getestet).

Bei der Trommelröstung werden die Bohnen in eine sich drehende Trommel gegeben die durch Gasflammen erhitzt wird. Die Temperaturen liegen hier um die 180-250°C, und der Röstvorgang dauert in etwa 15-25 Minuten, je nach Bohne, Sorte, und gewünschtem Ergebnis. Der Röstvorgang bringt einen Schwund von ca 20% mit sich, von 100kg Rohkaffee bleiben also nur knapp 80kg Röstkaffee übrig.

Die Heißluftröstung dagegen dauert lediglich 3-7 Minuten und die Bohnen werden bei 400-800°C sozusagen schockgeröstet. Die gerösteten Bohnen werden nach dem Trommelrösten an der Luft getrocknet, nach der Heißluftröstung wird mit kaltem Wasserdampf gearbeitet. Logisch dass die Bohne durch die Aufnahme von Wasser etwas schwerer wird. Das Ergebnis: Weniger Bohnen pro Kilogramm im Supermarktregal. Der Schwund beträgt durch die künstliche „Wässerung“ teilweise nur 5%, d.h. dass hier aus 100kg Rohkaffee 95kg Röstkaffee gemacht werden. Das sind 15% mehr als durch die traditionelle Trommelröstung.

Wirtschaftlich vorbildlich. Aber auch nur wirtschaftlich … Selbst jeder nicht BWLer erkennt: Man schafft es mit der industriellen Methode, schneller mehr zu produzieren. Zusätzlich durch die Gewichtszunahme der Bohnen weniger Produkt pro Verpackungseinheit zu haben. Heisst noch mehr Kaffeepackungen, und noch mehr Gewinn.

Röstung qualitativ betrachtet

die beste Röstung kommt aus dem Trommelröster

Die Betriebswirtschaftlichen Zahlen sind das eine. Aber wie steht es mit dem qualitativen Vergleich des Endproduktes?

Dass die Bohnen aus der Heißluft durch den höhren Wasseranteil schwerer sind, das wissen wir jetzt. Aber was ist da noch? Bei der Trommelröstung werden die Bohnen durch die längere Zeit und niedrigeren Temperaturen schonender geröstet. Das spiegelt sich nicht nur im Aroma wieder, welches sich hervorragend entwickeln kann – Auch die ungewollten Säuren und Bitterstoffe haben Zeit sich abzubauen. Somit entfällt das bekannte Sodbrennen oder die Magenverstimmungen, die wir von „Omas heisser Plörre“ kennen.

Neben der reinen Röstung der Bohne mit Hilfe der Hitze kann der Röster die einzelnen Variablen sehr stark variieren, um das gewünschte Ergebnis zu erzielen und zu perfektionieren. Den Temperaturverlauf, die Röstdauer, den genauen Punkt um die Röstung zu unterbrechen, die Beurteilung des Röstfortschrittes anhand der Farbe der Bohnen … All das trägt zum perfekten Ergebnis bei.

Denn jede Bohne ist anders. Jede Sorte, jede Varietät braucht ihre eigene Röstung. Und genau die bestimmt und optimiert der Röster. Er beherrscht eine Handwerkskunst die einfach nicht zu unterschätzen ist! Wieder der Vergleich zum Winzer, denn auch hier spielen Erfahrung und Können eine große Rolle!

Die Röstung in der Heißluft dagegen ist vergleichbar mit einem Steak was ins offene Feuer geschmissen wird: Nach kurzer Zeit ist es aussen verbrannt, und innen noch roh. Genau das passiert mit der Kaffeebohne. Sie ist im Inneren tatsächlich noch nicht fertig. Sowohl der Röstvorgang, als auch die Entwicklung der Aromen sind nicht komplett vollzogen.

So fällt es auch nicht ins Gewicht, dass gute und schlechte Bohnen gemischt wurden, denn das eigentliche Aroma wird sowieso nicht herausgeholt. Was zur Geltung kommt sind „verbrannte“ Röstaromen, die das eigentliche (unfertige) Aroma überdecken, und für die bittere Plörre auf Omas Küchentisch sorgen. Bzw gesorgt haben, denn ich hoffe ja mit diesen Zeilen dafür zu sorgen dass der Weg zum nächsten Spezialitätenröster gefunden ist. Oder zumindest in seinen Online-Shop 😉

Überprüfen lässt sich der Unterschied der beiden Methoden zum Beispiel, indem man beide Bohnen vergleicht: Aussen identisch, so ist ein Kaffeemehl nach dem mahlen heller: Das der Bohnen aus der Heißluftröstung. Hier zeigt sich das Innere, noch nicht fertig geröstete der Bohne.

FAZIT

Qualität hat einfach seinen Preis. Und für guten Geschmack, weniger Magenfaxen und mit dem Wissen dass die Bauern in den Anbauländern entsprechend entlohnt werden sind die Preise mehr als gerechtfertigt. Immerhin sprechen wir hier nicht von einem Unterschied von 20 Euro. Naja zumindest meistens nicht, denn der Hawaii Kona war schon ein Ausreißer… Dazu aber an anderer Stelle mehr 🙂

Wer jetzt direkt und umgehend Spezialitätenkaffee kaufen möchte, kann das zum Beispiel bei Coffee Circle* tun, bei Mare, oder bei onetake!

*Affiliate Link

4 Comments

    • sinan

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